Zwangserkrankungen
Anzeichen und Beschwerden
Typische Merkmale einer Zwangserkrankung sind die immer wiederkehrenden Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen. Sie können sich auf unterschiedliche Alltagsthemen beziehen. Erkrankte Personen erkennen sie als unsinnig. Es gelingt ihnen jedoch nicht, sich von ihnen zu distanzieren. Zwangsgedanken und Zwangshandlungen sind hartnäckig, aufdringlich und lassen sich nicht steuern. Versuchen die Betroffenen ihre Zwangsgedanken oder -handlungen zu vermeiden, reagieren sie oft mit Angst. Sie erleiden unterschiedliche körperliche Reaktionen wie Zittern, Schweißausbrüche oder einen beschleunigten Puls.
Zwangsgedanken sind immer wiederkehrende Vorstellungen, Befürchtungen oder Impulse, welche die erkrankte Person in immer derselben Art und Weise beschäftigen. So können betroffene Personen sich sorgen, etwas Peinliches zu tun oder jemand anderem zu schaden. Diese Gedanken werden von den Betroffenen als quälend und sinnlos wahrgenommen. Widerstand gegen diese Denkinhalte ist meist erfolglos, da sie oft unwillentlich auftreten. Die Inhalte solcher Gedanken sind meist unangenehm und werden als abstoßend empfunden. Betroffene nehmen Zwangsgedanken nicht als Symptom wahr, sondern sind überzeugt, es handele sich um ihre eigenen Gedanken. Sie schämen sich meist sehr dafür.
Zwangshandlungen sind ständig wiederholte Handlungen, die sehr häufig und immer in der gleichen Art und Weise auftreten. Manche Betroffene müssen sich ständig die Hände waschen, andere zählen unentwegt, wieder andere haben den Drang, Dinge unentwegt zu berühren oder den Kontakt mit Dingen zu vermeiden. Solche Zwangshandlungen haben keinerlei angenehme Wirkung, noch fühlen Betroffene sich durch die Handlungen entlastet. Sie dienen eher der Vorbeugung eines befürchteten Ereignisses. Oft haben erkrankte Personen Angst, Anderen schaden zu können und führen deshalb die Handlungen immer wieder aus. Beispielsweise vermeiden sie es, auf Fugen zu treten, damit nichts Schlimmes passieren kann.
Fast regelhaft werden solche Zwangshandlungen und -gedanken von großer Angst und innerer Anspannung begleitet. In vielen Fällen leiden zwangserkrankte Personen auch unter Depressionen.
Welche Beschwerden habe ich?
Ich habe immer wieder die gleichen unangenehmen, unerwünschten Gedanken:
- die mich quälen.
- die ich nicht kontrollieren oder verhindern kann.
- für die ich mich schäme.
- die mir Angst machen.
- wegen denen ich sehr angespannt und unruhig bin.
Ich führe immer wieder die gleichen Handlungen mehrfach durch:
- damit mir oder anderen nichts Schlimmes passiert.
Wie erkennt eine Ärztin oder ein Arzt, ob ich an einer Zwangsstörung erkrankt bin?
Für eine optimale Diagnosestellung ist es wichtig, dass genügend Zeit vorhanden ist und eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Fachärztin oder Facharzt bzw. Psychotherapeutin oder Psychotherapeut und Patientin oder Patient entstehen kann. Meist fällt es Betroffenen sehr schwer, über ihre Krankheitszeichen zu reden. Daher stellt die Psychiaterin oder der Psychiater oder Psychotherapeutin oder Psychotherapeut in einem ausführlichen Gespräch, meist in Form eines Interviews, der Betroffenen oder dem Betroffenen Fragen zu Symptomen und Beschwerden. Psychologische Fragebögen sind dabei sehr hilfreich.
Um körperliche Erkrankungen ausschließen zu können, werden noch Untersuchungen durch eine Ärztin oder einen Arzt durchgeführt. Hilfreich können dabei auch Bluttests und die Messung von Gehirnfunktionen (z.B. EEG) sein.
Wie kann eine Zwangsstörung behandelt werden?
Die Zwangsstörung wird in erster Linie durch Psychotherapie behandelt. In vielen Fällen können auch Medikamente helfen. In psychotherapeutischen Gesprächen erfahren Betroffene mehr über ihre Erkrankung. Gemeinsam wird die Entstehung der Krankheitszeichen herausgearbeitet. Auch die Frage, welche Gefühlsinhalte die Zwänge begleiten, spielt in der Therapie eine Rolle. Hilfreich ist es, die Lebensgeschichte der Patientin oder des Patienten anzuschauen. Ziel der Therapie ist es, Zwänge zu reduzieren. Hierzu erlernen Erkrankte Fertigkeiten zum Umgang mit ihren Zwängen und werden in Begleitung der Therapeutin oder des Therapeuten vorsichtig mit ihren Zwängen konfrontiert. Es wird versucht, die Zwänge zu unterdrücken. So dürfen Personen mit Waschzwang sich zum Beispiel ihre Hände nicht direkt nach dem Anfassen eines öffentlichen Gegenstandes waschen.
Weiterhin haben sich Medikamente bei der Behandlung von Zwangsstörungen als sehr wirksam erwiesen. Sogenannte Antidepressiva helfen dabei, die Symptome zu reduzieren.
Wie kann ich die Behandlung unterstützen?
Ohne Ihre Unterstützung ist eine erfolgreiche Behandlung nicht möglich. Besonders wichtig hierbei ist, dass Sie auch über die Behandlung hinaus schrittweise versuchen, Ihre Zwänge einzuschränken. Das bedeutet, dass Sie in der Therapie besprochene Übungen auch zu Hause weiter durchführen. Achten Sie dabei aber immer auf die eigenen Grenzen und holen Sie sich Hilfe, wenn Sie welche brauchen. Mit Hilfe ist aber nicht gemeint, andere in Ihre Zwänge mit einzubeziehen. Übernehmen Sie Verantwortung für sich selbst und Ihr Handeln. Ein guter Umgang mit Problemen und Stress kann auch sehr hilfreich sein.
Informationen zu Selbsthilfegruppen bundesweit finden Sie hier:
Welche Tipps gibt es für Angehörige?
Zwangssymptome erscheinen oft befremdlich und schwer nachvollziehbar. Angehörige fühlen sich im Umgang mit Betroffenen oft hilflos, manchmal wütend. Es ist daher wichtig, sich mit den typischen Merkmalen einer Zwangserkrankung vertraut zu machen. Dann wird es besser gelingen, die Betroffenen zu verstehen. Sich einzufühlen in das Leiden ist ein erster Schritt. Danach wird es besser gelingen, die Erkrankten bei der Bewältigung ihrer Symptome zu unterstützen und sie nicht in der Ausübung der Zwänge zu bestärken. Dem Zwang nachzugeben hilft den erkrankten Personen nur kurzfristig und verfestigt langfristig die Symptome und somit das Leiden. Klare Regeln im Umgang mit Zwangssymptomen können entlastend wirken.
Zwangskranke neigen dazu, ihre Symptome zu verstecken, sich zurückzuziehen. Es ist sinnvoll, sie dabei zu unterstützen, professionelle Hilfe anzunehmen. Gemeinsame Aktivitäten eignen sich gut für Ablenkung. Niemals sollte der Zwang das Leben der Angehörigen beherrschen.
Wo bekomme ich Hilfe?
Zwangserkrankungen sind nicht so selten, wie lange Zeit vermutet wurde. Sie gehören zu den fünf häufigsten psychischen Erkrankungen. Etwa 1 bis 2 % der Bevölkerung leidet unter Zwangsstörungen. Die LWL-Kliniken bieten ein umfangreiches spezielles Behandlungsangebot. Je nach Schweregrad der Erkrankung gibt es ambulante, tagesklinische und stationäre Angebote.
Informationen zu bundesweiten Therapie- und Hilfsangeboten finden Sie unter den folgenden Links: