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Psychotische Störungen & Wahn

Unter dem Begriff „Psychotische Störung“ werden eine Reihe von unterschiedlichen psychischen Erkrankungen zusammengefasst.

Wahnhafte Störungen, Psychosen, welche durch äußere Einflüsse wie extremer Schlafmangel oder Wirkung von Drogen oder Giften verursacht werden, die Schizophrenie und die schizoaffektive Störung gehören zu dieser Gruppe von Erkrankungen. Manische oder depressive Störungen oder eine Demenz können mit psychotischen Symptomen einhergehen.

Psychotische Störung

Nicht nur bei typisch psychiatrischen Erkrankungen, sondern auch bei bestimmten körperlichen Erkrankungen wie Fieber, Infektionen, bei Tumorerkrankungen oder bei Störungen der Schilddrüsenfunktionen lassen sich mitunter psychotische Symptome feststellen.

Symptome einer psychotischen Störung können Sinneswahrnehmungen sein, welche nicht durch einen adäquaten Reiz hervorgerufen werden. Sie werden als Halluzinationen bezeichnet und können alle Sinne betreffen. Die akustischen Halluzinationen, das Stimmenhören und die optischen Halluzinationen treten bei psychotischen Störungen sehr häufig auf. Auch Fehlwahrnehmungen, welche den Tastsinn betreffen, sind bei manchen Erkrankungen beschrieben. Darüber hinaus können Fehlwahrnehmungen auch den Geschmacksinn oder den Geruchssinn betreffen.

Neben den Störungen der Sinneswahrnehmungen ist der Wahn ein häufiges Symptom der psychotischen Störung. Nicht selten ist ein weiteres typisches Symptom der psychotischen Störung die Angst.

Oft ist auch das Denken der betroffenen Personen beeinträchtigt. Sie erscheinen manchmal verwirrt, ihr Bewusstsein ist getrübt oder sie sind nicht ausreichend orientiert. Manchmal ist ihre Auffassungsgabe vermindert oder das Gedächtnis kann gestört sein.

Bei psychotischen Symptomen ist es von entscheidender Bedeutung, eine Ärztin oder einen Arzt, besser noch eine Psychiaterin oder einen Psychiater einzubeziehen. Dort werden die Symptome erfasst und eingeordnet. Darüber hinaus werden durch eine körperliche Untersuchung körperliche Ursachen erkannt oder ausgeschlossen. Denn der Verlauf einer psychotischen Störung hängt stets von der Erkrankung ab, welche die psychotische Störung verursacht. So verschwinden Symptome, welche durch Gifte oder Drogen entstanden sind meist nach wenigen Tagen, während sie bei körperlichen Erkrankungen mit einer erfolgreichen Therapie verschwinden. Bei psychiatrischen Erkrankungen dauern psychotische Symptome meist länger an.

Psychotische Störungen werden in der Regel mit Antipsychotika behandelt. Sie beeinflussen die Wahrnehmung und das Denken positiv und nehmen die Angst. Trugwahrnehmungen vergehen, wahnhafte Symptome relativieren sich. Bei körperlichen Erkrankungen verschwinden psychotische Symptome meist nach erfolgreicher Therapie. Gleichzeitig können Entspannungsverfahren, die Soziotherapie oder die Ergotherapie bei der Behandlung psychotischer Störungen sinnvoll eingesetzt werden.

Wahn

Wir berufen uns im Leben stets auf eine gemeinsame Wirklichkeit. Diese gemeinsame Wirklichkeit teilen wir mit anderen Menschen. Sie macht uns die Welt erklärbar und erlaubt uns, Dinge oder Ereignisse zu bewerten. Sie vermittelt uns Sicherheit und ermöglicht uns, entsprechend dieser Überzeugung, also dieser gemeinsamen Wirklichkeit, sinnvoll zu handeln.

Mitunter begegnen uns Menschen, die sich – jenseits dieser gemeinsamen Wirklichkeit – ausschließlich und unerschütterlich von ihrer eigenen Überzeugung und ihrem eigenen Bild von der Welt leiten lassen. So bewerten und handeln sie ohne Ausnahme nach ihrem Bild von sich und der Umwelt. Diese Überzeugungen sind dabei unverrückbar und starr. Betroffene Menschen lassen sich weder durch Argumente noch durch irgendeine anders geartete Beweisführung von diesen Überzeugungen abbringen. Es entsteht eine sehr private und lebensbestimmende Wirklichkeit, welche sich nicht mit der Wirklichkeit Anderer deckt: Der Wahn.

Solche wahnhaften Wirklichkeiten hindern die betroffenen Menschen meist daran, offen und ohne Misstrauen Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen. Eine tragfähige Beziehung zu ihren Mitmenschen haben sie selten. Sie schaffen es nicht, sich auf eine gemeinsame Welterfahrung zu einigen.

Wahn kann ein Begleitsymptom unterschiedlicher psychischer Erkrankungen sein. So finden sich wahnhafte Symptome bei Vergiftungen durch unterschiedliche Substanzen, selten auch bei bestimmten körperlichen Erkrankungen aber auch bei dem Delirium, bei der Depression, bei der Manie und bei der Schizophrenie. Der Wahn kann vielgestaltig sein. Er kann beispielsweise das eigene körperliche Empfinden (körperbezogener Wahn), die eigenen Talente und Fertigkeiten (Größenwahn), die eigenen finanziellen Möglichkeiten (Verarmungswahn) oder soziale Beziehungen (Liebeswahn, Verfolgungswahn) betreffen.

Wahnhafte Symptome beginnen meist schleichend. Nicht selten steht am Anfang das Gefühl, dass sich die Umwelt verändert hat und diese merkwürdig unvertraut erscheint. Mitunter machen solche Erfahrungen den Betroffenen Angst, sie erkennen in banalen Ereignissen plötzlich eine gewisse Bedeutung und fühlen sich von der Welt merkwürdig entfremdet.

Die wahnhafte Störung

Der lange andauernde Wahn ist das einzige und auffälligste Kennzeichen einer wahnhaften Störung. Den betroffenen Personen gelingt es nicht mehr, Erfahrungen anderer Menschen aufzunehmen, sie zu teilen. Sie schaffen es nicht mehr, den eigenen Standpunkt in Beziehung zu setzen, ihn anzupassen oder zu wechseln. Dies trennt sie von anderen Menschen. Sie leben oft sozial isoliert, werden zu Einzelgängern, fühlen sich nicht mehr verstanden.

Wie erkennt eine Fachärztin oder ein Facharzt oder eine Therapeutin oder ein Therapeut, ob ich an einer wahnhaften Störung erkrankt bin?

In erster Linie wird Ihre Psychiaterin oder Ihr Psychiater oder Ihre Psychotherapeutin oder Ihr Psychotherapeut Ihnen unvoreingenommen zuhören. Sie bzw. er wird sich ein genaues Bild von Ihrer Situation machen, sich in ausführlichen Gesprächen Ihrer Sorgen und Probleme annehmen. Wichtig ist, dass Sie dabei offen und ehrlich ansprechen, was Sie als verändert oder bedrohlich empfinden.

Meist ist es hilfreich für Ihre Fachärztin oder Ihren Facharzt oder Ihre Psychotherapeutin oder Ihren Psychotherapeuten, auch mit Ihren Angehörigen zu sprechen. Dies ist nur mit Ihrem Einverständnis möglich. Die Sichtweise Ihrer Angehörigen kann so zu einem umfassenderen Bild Ihrer Beschwerden führen und auch Aufschluss darüber geben, ob Ihre Befürchtungen und Überzeugungen auch von Außenstehenden so wahrgenommen werden.

Um körperliche Ursachen für Ihre Erkrankung ausschließen zu können, wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Sie auch körperlich untersuchen. Dabei können Bluttests und Röntgenuntersuchungen (EEG, MRT) wichtige Informationen über Körper- und Gehirnfunktionen liefern.

Wie kann eine wahnhafte Störung behandelt werden?

Die anhaltende wahnhafte Störung wird medikamentös und psychotherapeutisch behandelt. Mitunter sind auch weitere Methoden hilfreich, wie z.B. eine Elektrokrampftherapie.

Zur medikamentösen Therapie werden Antipsychotika eingesetzt. Sie nehmen das Misstrauen und verringern Wahnvorstellungen.

Ihre Psychiaterin oder Ihr Psychiater oder Ihre Psychotherapeutin oder Ihr Psychotherapeut wird Ihnen zuhören. Grundlage für das Gelingen einer Therapie ist eine vertrauensvolle und stabile Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Therapeutin bzw. Ihrem Therapeuten. Das braucht Zeit. Sprechen Sie Ihre Zweifel offen an. In der Psychotherapie werden Sie zunächst umfassende Informationen über Ihre Erkrankung erhalten. Wahnsymptome sind oft ein Bild, ein Symbol der eigenen Befindlichkeit. Dies mit Ruhe und Gelassenheit zu besprechen, ist ein erster Schritt. Sie werden nicht mehr allein sein.

Wie kann ich selbst dazu beitragen, dass es mir besser geht?

Eine vertrauensvolle und stabile Beziehung zwischen der Psychiaterin bzw. dem Psychiater oder der Psychotherapeutin bzw. dem Psychotherapeuten und der betroffenen Person ist für eine erfolgreiche Behandlung ausschlaggebend. Sprechen Sie daher offen und ehrlich mit Ihr bzw. Ihm. Nur so kann sie bzw. er Ihnen helfen. Wenn Sie unter Verwandten oder Freundinnen und Freunden eine Person haben, der Sie vertrauen, ist dies sicher sehr hilfreich.

Bitte informieren Sie sich über Ihre Erkrankung. Sie werden Ihre Schwierigkeiten besser einschätzen können. Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen oder Freundinnen und Freunden darüber. Das kann häufig schon sehr entlastend sein.

Informationen zu Selbsthilfegruppen bundesweit finden Sie hier:

Welche Tipps gibt es für Angehörige?

Für Angehörige ist der Umgang mit der betroffenen Person oft belastend, vor allem wenn der Wahn sich auch auf die Beziehung mit den Angehörigen bezieht. Mit den Überzeugungen und Befürchtungen der Betroffenen angemessen umzugehen, kann viel Kraft kosten. Angehörige haben scheinbar auf das Verhalten der betroffenen Person keinen Einfluss. Sie fühlen sich hilflos. Zudem sind sie oft persönlichen Vorhaltungen oder Angriffen ausgesetzt.

Wichtig ist daher, dass sie sich bewusstmachen, dass das Verhalten der betroffenen Person durch die Erkrankung begründet ist. Durch das Wissen über die Erkrankung sind die Symptome besser zu verstehen. Es gelingt dann besser, das Verhalten des Betroffenen einzuordnen. Zum Selbstschutz ist es wichtig, Angriffe nicht persönlich zu nehmen.

Angehörige oder Freundinnen und Freunde sollten sich stets rechtzeitige Unterstützung und Hilfe suchen.